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Homepage von Sigrid Kohlbecker

Meine Bilder sind in Acryl auf Leinwand, großformatig und auf fast weißem Hintergrund dargestellt. In einer feinen und aufwendigen Technik male ich meine Blumenmotive hauptsächlich in pastelligen Farben, jedoch auch tiefrot-samtige Rosen versuchen, den Betrachter in den Bann zu ziehen. Sie leben von der Tiefe der Schatten und dem Verschmelzen mit dem Hintergrund.

Die Bilder strahlen eine angenehme Präsenz aus und  fügen sich vollkommen in ihr Ambiente ein. Unverschnörkelt und völlig auf die Blüte konzentriert versuchen ich, ihre zarte Unschuld und die Seele zu erhalten.

 

Sigrid Kohlbecker 2009

 

 

SIGRID KOHLBECKER - BLUMEN

Schon im Alter von zweieinhalb Jahren malte Sigrid Kohlbecker ihrer Mutter Blumen an die Wand.

Aber erst als Sie Anfang der siebziger Jahre mit ihrem Mann nach Wien ging, wurde durch den reichen Nährboden dieser Stadt Begrabenes wieder hervorgeholt. Sigrid Kohlbecker war begeistert von der Wiener Schule und deren Fantastischen Realismus.

Sie lernte durch eine Freundin und Künstlerin, Yuko Ikewada, Hundertwasser, Arik Brauer und viele andere Künstler kennen. Tagsüber besuchten die jungen Frauen gemeinsam Ausstellungen, nachts malten sie. Von ihr lernte Sigrid Kohlbecker verschiedene Techniken und den Umgang mit Farben. Damals malte sie ihre Bilder in Öl auf Hartfaserplatten. Als Vorbild galten ihr Wiener Maler. In diese Zeit suchte und fand sie ihren eigenen Stil: Blühende Blumen und gefiederte Blüten in fantastischen Formen und leuchtenden Farben.

Nach Deutschland zurückgekehrt, war es die klassische Musik und hier vor allem die Opern Richard Wagners, die sie eine neue Richtung einschlagen ließ. Obwohl die Musik bis heute eine ständige Begleiterin ihrer künstlerischen Arbeit geblieben ist, galt Ihr Interesse doch nur kurze Zeit der Umsetzung musikalischer Themen. Im Übrigen war es auch die einzige Zeit Sigrid Kohlbeckers künstlerischen Schaffens, in der Menschen auf ihren Bildern zu sehen sind; allerdings räumt die Künstlerin selber ein, in einem Meer von Blumen, Blüten und Blättern.

Nachdem ihre zwei Kinder ihre eigenen Wege gingen, begann sie wieder zielstrebig mit dem Malen und fand sogleich zu ihrem neuen, ganz eigenen Stil. Wen wird es wundern, dass sie ihrer Vorliebe, den Blumen, treu geblieben ist.

Von hellen, großformatigen Leinwänden strahlt dem Betrachter die pralle Fülle roter Rosen, gelber Päonien, blauer Iris` und tief violetter Tulpen entgegen. Sie möchte die Vergänglichkeit besiegen und die Schönheit einer Blüte festhalten.

Eine Rosendolde mit gefüllten Blüten entfaltet sich in einem Farbreigen aus weissen, zartrosa- farbenen und leicht roten Blättern. Die Blätter kräuseln sich, fächern sich auf, nehmen aussen eine andere Farbe an als innen und zeigen selbst auf einer einzigen Seite eine feinabgestufte Farbenviel- falt. Zunächst scheint diese Dolde mit ihren weitgeöffneten Blüten und zarten Knospen ein Abbild der Natur zu sein, doch bei längerem Hinsehen beginnen die Blätter einen stummen raumfüllenden Tanz. Seit Sigrid Kohlbecker wieder zu malen begann, wählte sie immer grosse Leinwände.

Zunächst standen die Blüten auf ihren langen Stielen noch vereinzelt, ja beinahe vereinsamt vor dem hellen Hintergrund der Leinwand. Heute wachsen die Blütenarrangements unaufhaltsam, sprengen das Format, stossen an den Rand, um ausserhalb des Bildes vor dem inneren Auge des Betrachters weitergeführt zu werden. Bei den früheren Bildern gehörten Stengel und Blätter zur Blüte, doch ist sie später dazu übergegangen, einzelne Blüten völlig ohne ablenkendes Beiwerk zu malen. Obwohl die Pflanze dabei wie mit einem Zoom herangeholt wird, stösst die Künstlerin nicht in ihr Herz vor. Sie möchte nicht das Innerste einer Pflanze entblössen, ihr andere Charakter geben, auf andere Dinge verweisen oder gar Assoziation beim Betrachter hervorrufen damit. Auf diese Perspektive kommt es ihr nicht an. Dem Kenner und Liebhaber von Blumenstilleben werden schon lange Bilder der Ver- gangenheit in Erinnerung gekommen sein, berühmte Namen wie Sybille Merian, Georg Flegel oder Pierre-Joseph Redouté. Alle hatten mehr oder weniger ein botanisches Interesse bei ihrer Arbeit.

In den Anfängen drängt sich bei dem einen oder anderen Bild durch die Vereinzelung der Pflanze der Gedanke an eine botanische Wiedergabe auf, wird aber sogleich durch den Künstlerischen Ausdruck fallengelassen. Sigrid Kohlbecker skizziert zunächst auf hellem Untergrund die Form der Blüte, zeichnet die einzelnen Blätter und die Stengel. Beim Auftrag der Acrylfarben arbeitet sie sich von dunkel nach hell langsam vor. Dadurch erscheint jedes einzelne Bild in fein abgestuften Farbnuancen von flächig bis zu zart geaderten oder sanft abgestuften Partien. Jede einzelne Blüte, sei es nun eine Tulpe, eine Pfingstrose oder eine Iris wird so in ihrer einzigartigen Beschaffenheit erfasst.

Die Rose mit ihrem zarten Schimmer meint der Betrachter, förmlich anfassen zu können. Ein weiteres Moment ist die Form. Die Blätter, wie zum Beispiel bei der Iris in einem ihrer letzten Werke scheinen sich zum Klang einer unhörbaren Musik zu bewegen, nehmen damit Raum ein und verleihen dem Bild eine stille Dynamik. Auch scheint sich die Künstlerin hier weit von der Vorlage der Natur gelöst zu haben. Der Betrachter sieht zwei Blütenstengel, vermag aber die dazu gehörenden Blüten nicht mehr zu identifizieren. Die Blätter sind in einem Farbreigen aus Weiss, Grau und Beige gehalten, doch aus dem Hintergrund und dem Herzen der Pflanze tauchen rötliche Blätter auf. Woher sie kommen, weiss man nicht zu sagen, doch stimmen sie mit anmutigen Bewegungen in die leise Melodie ein. Gerade an diesem Bild sehen wir, dass die Künstlerin bis heute der Musik treu geblieben ist, allerdings nur als Quelle der Inspiration. Klassisch oder modern, wichtig ist ihr nur, das sie durch die Melodie in eine Art der Meditation versetzt wird, die ihr erlaubt, sich voll und ganz auf ihr Objekt zu konzentrieren.

Bleibt mir zum Schluss nur der Künstlerin Sigrid Kohlbecker viele ruhige Stunden der Hingabe zu wünschen – ach ja, und dass es ihr eines Tages vielleicht gelingen möge, den Duft der Blüten festzuhalten.

 

Dr. Bettina Broxtermann, Kunsthistorikerin, Juli 2004

 

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